„Ein Vorstellungsgespräch? Kein Problem!“, mag sich manch Senior Executive denken, wenn er von einem potenziellen neuen Arbeitgeber eingeladen wird. Und dennoch gelingt es gerade Führungskräften oftmals nicht, sich in diesem wichtigen Gespräch vorteilhaft in Szene zu setzen – schlicht und einfach, weil es ihnen an Übung fehlt. So hat zum Beispiel ein Manager, der in den letzten Jahren innerhalb eines Unternehmens aufgestiegen ist, seit seiner Einstellung keine Vorstellungsgespräche mehr absolviert, bei Bewerbungsgesprächen sitzt er auf der anderen Seite des Tisches. Muss er sich jetzt selbst ins beste Licht rücken, kommt es oftmals zu ebenso überraschenden wie unnötigen Unsicherheiten: Er hat sich nicht ausreichend über das Unternehmen informiert, bei dem er sich vorstellt. Er spitzt seine Eigen-Präsentation nicht auf die ausgeschriebene Position zu. Er redet zu viel und lässt seinem Gegenüber keinen Raum. Sind Führungskräfte jedoch für die häufigsten Stolpersteine sensibilisiert, können sie diese in der Regel schnell ausräumen. Schließlich sind sie das Präsentieren gewohnt und können sich gut auf unterschiedliche Anforderungen einstellen.
Damit Sie sich bei Vorstellungsgesprächen bestmöglich präsentieren, sollten Sie diese immer wieder vorkommenden Fehler kennen:
1. Der Kandidat weiß zu wenig über das Unternehmen
Der Kardinalfehler, den man als Berater bei versierten Führungskräften immer wieder erlebt: Der Kandidat hat sich nicht ausreichend über das Unternehmen informiert. Als Bewerber für eine Managementposition sollte man jedoch nicht nur die Inhalte des Internetauftritts des Unternehmens, sondern auch sonstige öffentlich zugängliche Informationen in Erfahrung gebracht haben. Dazu können z. B. aktuelle Medienberichte, veröffentlichte Jahresabschlüsse etc. gehören. Weiter sollten Kandidaten die Informationen, die Sie vom Headhunter erhalten, verinnerlichen und diesen auch als wichtige Informationsquelle proaktiv nutzen.
2. Die Präsentation passt nicht zur Position
Im Bewerbungsgespräch reicht es nicht aus, die eigenen Karriereschritte wiederzugeben. Die Präsentation sollte genau auf die angestrebte Position zugeschnitten sein. Das bedeutet: Stellen Sie vor allem die Leistungen und Erfahrungen heraus, die für die neue Stelle relevant sind. Etwas überspitzt formuliert: Das Praktikum während des Studiums spielt in diesem Gespräch keine Rolle.
3. Zeitvorgaben werden ignoriert
Wird der Bewerber aufgefordert, sich und seinen Werdegang in fünf Minuten vorzustellen, sollte er diese Zeitvorgabe auch tatsächlich einhalten – und nicht, was zum Erstaunen der anderen Beteiligten auch vorkommen kann, 20 Minuten monologisieren. Das ist eine Frage der Höflichkeit, vor allem aber der Professionalität. Schließlich kommt es auch bei vielen Geschäftsterminen darauf an, in kurzer Zeit auf den Punkt zu kommen.
4. Fehlende Erfahrung fällt unter den Tisch
Kein Bewerberprofil passt einhundert Prozent zu einer Stellenbeschreibung und das muss es auch nicht. Und trotzdem ist es wichtig, fehlende Qualifikationen und Erfahrungen aktiv anzusprechen. Zeigen Sie konkrete Erfolge in verwandten Gebieten auf und erklären Sie, warum Sie eine gute Grundlage für die neue Aufgabe sind. Ebenso überzeugend: Ein neues Arbeitsfeld als willkommene Herausforderung und Weiterentwicklungsmöglichkeit thematisieren. In diesem Fall sollte aber nachvollziehbar begründet und erläutert werden, weshalb man sich diese Entwicklung zutraut und welche bereits gemachten relevanten Erfahrungen dabei helfen werden.
5. Der Nutzen für das Unternehmen wird nicht deutlich
Das Unternehmen, bei dem sich der Bewerber vorstellt, sucht einen passenden Kandidaten oder anders formuliert: die Lösung für ein Problem. Also kommt es darauf an, dass Sie als Bewerber herausstellen, warum Sie diese mitbringen. Weil Sie ähnliche Herausforderungen schon gemeistert haben? Weil Sie ein gefragter Experte auf einem bestimmten Gebiet sind? Das muss unmissverständlich klar werden. Überlassen Sie es nicht Ihren Gesprächspartnern, die nötigen Schlussfolgerungen zu ziehen oder gar spekulieren zu müssen.
6. Das Verhältnis von Reden und Zuhören stimmt nicht
Als Faustregel lässt sich sagen: Das Verhältnis von Reden und Zuhören im Vorstellungsgespräch sollte etwa 50:50 betragen. Wer lange Monologe hält, fällt ebenso unangenehm auf wie jemand, der seine Erfolge und sein Können zu einsilbig präsentiert. Wer sich das vor dem Gespräch noch einmal vor Augen hält, findet sicher das richtige Maß.
7. Der Bewerber fragt nach Nebensachen
Richtig ist, dass Sie als Bewerber unbedingt Fragen stellen sollten. Diese müssen wirklich wichtige Punkte betreffen und dürfen gern auch kritisch sein. Steckt das Unternehmen zum Beispiel in einer Krise, sollte man das als Bewerber auf eine Executive-Position auf jeden Fall ansprechen und nachfragen, wie die Firma wieder auf Erfolgskurs kommen will. Eine Frage nach Nebensachen oder öffentlich bekannten Informationen hingegen kommt beim Gegenüber gar nicht gut an.
8. Small Talk wird unterschätzt
Auch das lockere Geplänkel zu Anfang eines Bewerbungsgesprächs ist wichtig. Es zeigt, wie souverän sich der Bewerber im Umgang mit Kunden und Geschäftspartnern gibt. Dazu gehört, dass man sich kurz über die Anreise austauscht oder auch über das Wetter. Und dazu gehört auch, dass man gern ein Glas Wasser oder einen Kaffee annimmt. Ein vermeintlich unbedeutendes „Nein, danke“ hat schon manches Mal die Gesprächsatmosphäre gestört.
9. Die Gehaltsvorstellung wurde im Vorfeld nicht genannt
In das Bewerbungsschreiben des Kandidaten gehört eine Gehaltsvorstellung. Nur dann kann das Unternehmen beurteilen, ob die Einladung zu einem persönlichen Gespräch sinnvoll ist. Erfolgt die Suche über einen Personalberater, wird auch dieser in der Regel die Ist-Vergütung sowie die Gehaltserwartung mit dem Kandidaten thematisieren. In der Regel wird der Berater auch eine Einordnung dazu geben, ob Vorstellung und Dotierung grundsätzlich kompatibel sind. Der Kandidat kann sich in diesem wichtigen Punkt auf die Empfehlung seines Executive-Beraters verlassen. Generell gilt jedoch: Beim ersten persönlichen Gespräch thematisiert der Bewerber das Gehalt nicht. Anderes gilt natürlich, wenn das Unternehmen selbst diesen Punkt ansprechen will.
10. Das Know-how des Executive-Beraters wird nicht genutzt
Der Berater kennt nicht nur das Gehaltsgefüge des Unternehmens und weiß, wann das Thema Vergütung am besten angesprochen wird. Ihm liegen auch alle anderen wichtigen Informationen über das Unternehmen vor. Zudem kennt er die Geschäftsführer gut. Er weiß, auf welche Fähigkeiten sie Wert legen und welche Themen heikel sein könnten. Dieses Wissen stellt ein guter Berater dem Kandidaten aktiv zur Verfügung. Geschieht dies nicht automatisch, sollte der Bewerber das einfordern.
Und zu guter Letzt: Was tun als Bewerber, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist?
Hier gibt es sicher keine Patent-Lösung. Leider gibt es Fehler, die nicht mehr gutzumachen sind. Generell gilt aber: Sprechen Sie aus Ihrer Sicht kritische Punkte offen an. Haben Sie z. B. den Eindruck, dass eine Ihrer Antworten ungenau oder nicht ausreichend frageorientiert war, sprechen Sie dies aktiv an. Ein offener Umgang mit eigenen „Fehlern“ spricht für Ihr Selbstbewusstsein und ermöglicht es unter Umständen noch, ein Gespräch zu „drehen“.