Insbesondere die Konsequenzen einer vernetzten und weitgehend autonom ablaufenden Produktion für Unternehmenskultur, Hierarchien und Entscheidungsprozesse werden in den meisten Betrieben unterschätzt, wie die Studie „Personaltrends im deutschen Mittelstand“ der Baumann Unternehmens-beratung zeigt. So geht nur etwa jeder fünfte der 200 befragten Personalmanager davon aus, dass Mitarbeiter in der Industrie 4.0 mehr Verantwortung übernehmen müssen und dementsprechend die Trennlinie zwischen Fach- und Führungskräften unschärfer wird.
„In der ‚Industrie 4.0’ sind Beschäftigte nicht mehr nur für eine bestimmte Maschine oder einen bestimmten Fertigungsabschnitt zuständig, sondern für den gesamten Produktionsprozess bis hin zu Kunden und Zulieferern. Für diese erweiterten Aufgaben müssen Mitarbeiter jedoch befähigt werden – sie benötigen mehr Wissen, vor allem aber mehr Kompetenzen als heute. Die vierte industrielle Revolution wird nur gelingen, wenn die Betriebe auch ihre HR-Organisation und hierarchischen Strukturen revolutionieren“, betont Dr. Michael Faller, Geschäftsführer der Baumann Unternehmensberatung Executive Search.
Auch die Antworten der Personaler auf die Frage nach den erforderlichen Qualifikationen der ‚Fachkraft 4.0’ zeigen, dass der Übergang zur ‚Industrie 4.0’ zu einseitig als technologische Herausforderung betrachtet wird. Die meisten Befragten erwarten vom Mitarbeiter der Zukunft Flexibilität (32 Prozent) und IT-Kompetenz (24 Prozent). Demgegenüber werden wesentliche Soft Skills nur selten genannt: Eine hohe Stressresistenz der Beschäftigten halten nur sieben Prozent für wichtig, Selbstständigkeit und Teamfähigkeit werden sogar nur von vier Prozent der Befragten genannt.
„Der erwartete Produktivitätsgewinn in der ‚Industrie 4.0’ beruht zu einem wesentlichen Teil darauf, dass die Produktionsprozesse der Nachfrage jederzeit angepasst werden können. Dies gelingt aber nur, wenn auch die Arbeitsleistung vollkommen flexibel abrufbar ist. Damit spielt das HR-Management beim Übergang zur ‚Industrie 4.0’ eine entscheidende Rolle: Es muss die Beschäftigten auf die veränderten Anforderungen vorbereiten und gleichzeitig Arbeitszeitmodelle und Organisationsstrukturen schaffen, die maximale Flexibilität ermöglichen“, erläutert Faller.
An der Studie beteiligten sich Personalverantwortliche aus 201 mittelständischen Unternehmen. Knapp 40 Prozent der Befragten beschäftigen mehr als 1.000 Mitarbeiter.